Vor einiger Zeit kündigte ich eine Neuigkeit an… Um die geht es hier aber nicht. Noch nicht. Bald gibt es an dieser Stelle aber mehr, versprochen!
Jetzt geht es erstmal darum, mein "Tagebuch" zu erweitern. Es gibt da so ein Magazin. Es heisst „Schweizer Monat“ und ist ein tolles Monatsmagazin, das mit Qualität rüber bringt, was die Welt bewegt. Mit der Oberflächlichkeit der allabendlichen Pendlernews hat der „Schweizer Monat“ nichts gemein.
Gestern Abend schleppte mich mein Agent Urs Heinz Aerni zu einer Veranstaltung eben dieses Magazins. Gut, was heisst "schleppte", er schlug mich nicht mit einer Keule nieder und packte mich auch nicht am Fuss, um mich anschliessend quer durch Zürich dorthin zu schleifen. Er schlug lediglich vor, dort teilzunehmen und ich sagte zu. Ziemlich simpel.
Nach meiner Zusage informierte ich mich dann auch, worum es bei dieser Veranstaltung eigentlich ging. Die Homepage des "Schweizer Monat" sei Dank, wusste ich bald, dass das Team im Rahmen einer Art "Tag der offenen Tür" ihren Einzug in die neuen Räumlichkeiten feierte. Eine Talk-Runde mit interessanten Leuten (so z. B. dem Chefredaktor) inklusive. Klang spannend.
Das Magazin selbst kannte ich ja, aber die Leute dahinter nicht. So informierte ich mich auch ein wenig über diese Menschen, mit ernüchterndem Resultat: Die Lebensläufe, die auf der Homepage aufgeschaltet sind, waren für ein komplexes, aber dennoch eher einfaches Gehirn wie meines schlicht einschüchternd. Es dauerte keine fünf Sätze, da fragte ich mich auch schon, was ich dort zu suchen hatte und worüber ich mit diesen Menschen sprechen sollte? Ich bin nicht die, die sich tiefsinnig über das Sein und nicht Sein ereifern kann. Ich ging weder zur Uni (die braucht man für die Berufsmatur nicht) noch habe ich es jemals fertig gebracht, mich mit Begeisterung in einen Roman von Hermann Hesse zu stürzen. Klar, ich oute mich hier gerade ziemlich, aber so ist es nun mal. Ich habe mir Hesses „Steppenwolf“ zu Gemüte geführt und Dürrenmatts "Der Besuch der alten Dame". Auf jeden Fall sensationelle Lektüre, wenn man‘s mag... Nur stehen in meinem Bücherregal eben eher oberflächlichere, blutrünstigere Texte. Diese grossen Unsterblichen mit ihren tiefschürfenden Weisheiten, ihrer Prosa und Lyrik... Waren die meisten am Ende trotz all ihrer Kreativität und Klugheit nicht eigentlich doch nur verkannte Trunkenbolde, die sich selbst und dem Streben nach Ruhm, Reichtum und/oder Anerkennung zum Opfer fielen? Verliessen sie letzten Endes nicht alle diese Welt, wie sie sie betraten: Als arme Schlucker?
Solche oder ähnliche Gedanken kamen mir, als ich mir ein Bild davon machen wollte, mit wem ich es am Abend zu tun bekommen werde. Eigentlich gibt es für diesen kleinen Ausflug in die Welt der toten Dichter eine kurze Zusammenfassung: Ich war verunsichert. Passte ich da rein? Schaffte ich es, mich einen Abend lang mit diesen Menschen zu unterhalten? Machte ich mich total zum Affen? Die einzige Frage, die mir nicht kam, war: Gehe ich hin oder sag ich ab? Es war klar, dass ich nicht absagen würde. Also gingen wir hin.
Urs traf mich am Bahnhof in Zürich, wir besprachen noch einige andere Dinge und machten uns schliesslich auf den Weg in die heiligen Hallen des Schweizer Monats. Wir kamen zu früh, dennoch standen schon einige Leute draussen. Ein Zurück hatte es ja sowieso nie gegeben, jetzt aber erst recht nicht mehr. Wie nicht anders zu erwarten, kannte man Urs. Schon lange im Geschäft, schon lange mitten unter ihnen und vor allem: Einer der zahlreichen (im positiven Sinn) Autoren dieses Magazins.
Im Nu war ich mitten drin. Hände wurden geschüttelt, Namen und Visitenkarten ausgetauscht, man machte sich bekannt. Es gab Wein und Käse, die Stimmung war gut. Entgegen dem, was sich meine Hirnwindungen im Vorfeld zusammengesponnen hatte, waren die Versammelten umgänglich und freundlich.
Ehe ich’s mich versah, erklang dann auch schon der Startschuss zu einem witzigen, unterhaltsamen und interessanten Talk. Man erfuhr einiges über die Anfänge des Magazins, dessen „Neuentstehung“, die Weiterentwicklung in der Gestaltung, bei der Vermarktung und im Marketing. Über Zukunftspläne wurde gesprochen, über Visionen und konkrete Pläne. Man konnte den Stolz über das Erreichte, die Liebe zur Aufgabe und den Tatendrang deutlich spüren. Klingt alles irgendwie trocken? War es aber keineswegs. Werden diese Facts von sympathischen Menschen mit einer gewissen Leidenschaft und einem gesunden Mass an Humor präsentiert, wird aus einem Sandkuchen schnell eine leckere Schokotorte. Ich weiss nicht einmal mehr, wie lange dieser Talk gedauert hat, was ja an sich schon ein gutes Zeichen ist.
Anschliessend wurde man erneut eingeladen sich am Buffet zu bedienen, sich mit den Machern des „Schweizer Monat“ zu unterhalten, sich persönlich kennenzulernen. So verlief der restliche Abend dann so angenehm, wie er begonnen hatte. Es wurde viel geplaudert (mein Gesprächspartner kam in den nächsten Stunden zwar nur wenig zu Wort, aber davongelatscht ist er auch nicht, daher…), man stellte sich weiter vor.
Ich wurde den Leuten z. B. als Krimiautorin vorgestellt, was ich ja auch bin, aber das so zu hören, war doch noch ungewohnt. Ungewohnt, wie die Reaktion der Menschen auf diese Offenbarung: Positiv überrascht, angetan, anerkennend. Diese Menschen, von denen ich geglaubt habe, mit meinen Bierweisheiten nicht mithalten zu können, hatten für meine Nebenbeschäftigung sogar den Ausruf „Wow!“ übrig.
Auf der Heimfahrt verglich ich dann meine Einbildung darüber, was ich antreffen würde, mit dem, was mir wirklich begegnete. Ich musste den Kopf über mich selbst schütteln. Liebe Anja, was hattest du eigentlich gedacht, wohin du gehst? Wen hattest du erwartet? Intellektuelle Monster? Es waren Menschen! Himmel, Anja, Menschen!Aber woher kamen dann diese absurden Ideen, nachdem ich mir die Lebensläufe angesehen hatte? Irgendwie verknüpfte ich dieses Gelesene wohl mit tendenziell negativen Bildern und Informationen, die ich in meinem Gehirn über die Jahre hinweg abgespeichert hatte. Daraus bildete ich etwas, das mit einem allgegenwärtigen Wort sehr gut zu beschreiben ist: Vorurteile.
Irgendwie erstaunlich, welche Vorurteile man sich im Laufe des Lebens so aneignet ohne es richtig mitzubekommen. Und wodurch wurde dieser kleine Vorurteilsparasit genährt? Durch Ungewissheit gepaart mit Unsicherheit der Marke Eigenbau. Es ist nur ein kleines Beispiel, aber wenn ich so darüber nachdenke, kann es auch gut auf die Welt da draussen angewendet werden. Sie ist stetig im Wandel, die Ungewissheit ist unser ewiger Begleiter, die Unsicherheit unser treuer Anhänger. Ein hinterhältiger Mix. Wie soll man damit umgehen? Meine Reaktion auf die Skepsis in meiner eigenen, kleinen Welt war: Versuch’s, zieh‘s durch, mach was draus. Es kann nicht mehr als schief gehen. Ob diese Motivationsworte ein Allerweltsheilmittel sind – ich wage es zu bezweifeln… Bei mir persönlich kam jedenfalls die gewünschte, positive Wende. Ich durfte einen amüsanten Abend, mit interessanten Kontakten und spannenden Eindrücken in die Welt hinter dem Magazin „Schweizer Monat“ geniessen. Eigentlich war das im Nachhinein ja auch nicht anders zu erwarten gewesen, vor allem, wenn man den Slogan des Magazins betrachtet: Leider anspruchsvoll.
Kommentar schreiben